2 Timothy 2

Text: 2.Timotheus 2,1-5 Der Apostel erweckt des Timothei Gemüt auf alle Weise, damit er ihn doch zu der von ihm erwarteten Hilfe nicht träg, nicht durch Einflechtung in irdische Dinge entkräftet und unbrauchbar antreffe, sondern durch Gnade willig und Gestärkt finde. Bei Anderer Abweichen und zurückgehen greift der himmlische Beruf mit neuer Kraft an die Herzen derer, die seiner einmal teilhaftig geworden sind. Es heißt: Ihr seht nun an Anderer Beispiel, wie es geht und gehen kann: Wollt ihr auch weggehen? Oder: Ihr nun, du nun, was willst du tun? Was bist du entschlossen? Siehe unten Kap. 3, 10 ; 4, 4 . Durch die Ansprache: mein Sohn, weckt der Apostel viel in Timothei Herzen auf, was er für Segen vom Apostel genossen, und was er deshalb für Verpflichtung auf sich habe. An der Fassung im Innern liegt bei allem zu erduldenden Anlauf im Äußeren das Meiste. Deswegen ging schon Kap. 1, 6-7 der Zuspruch: Erwecke, und das jetzige Wort: sei stark, allermeist auf die innere Fassung, wie man auch an unserem Lieben Heiland sieht, daß ER bei einbrechendem Leiden sich und seine Jünger auf alle Weise im Innern ausgerüstet hat. Die Gnade in Christo JEsu ist unsere eigene Festung; wenn man deren fest versichert ist, so läßt sich erst auch zu den Waffen gegen die Feinde greifen. Paulus hatte seinen Abschied vor sich, und wollte nun Timotheum zu sich rufen, da kam es denn auch darauf an, wer denn nach ihm das Werk des HErrn in Ephesus treiben sollte? Paulus macht ihm unter der Hand Hoffnung, GOtt werde ihm schon auch treue Leute zuweisen. Mancher gewinnt auch unter dem Bedrängnis einer guten Sache Zuversicht. Da JEsus hörte, daß Johannes überantwortet war, trat Er desto mutiger mit seinem Zeugnis der Wahrheit hervor; so zieht eine erledigte Lücke erst denjenigen hervor, der darein tritt. GOtt läßt immer etwas nachwachsen; wer zum Leiden darüber willig ist, der ist auch der Tüchtigste zum Lehren (1.Thess. 2, 2-4) , daher ist es auch aus Kap. 1, 5 der wiederholte Zuspruch an Timotheus: leide dich. Von Christo JEsu hat man seinen eigenen Vorgang hierin, und Jeder darf auch seinen Lauf als von Ihm verordnet ansehen, - Händel der Nahrung machen zum Kampf verdrossen, und ziehen das Gemüt auf andere Absichten und Hoffnungen hin. Die Begierde dem HErrn zu gefallen, bleibt das Vornehmste Augenmerk eines Solchen, der sich GOtt zum Dienst ergeben hat (2.Kor. 5, 9) . Große Gefahr, in die man durch Verwicklung mit zeitlichen Absichten gerät, daß man darüber GOttes Wohlgefallen verscherze (1.Kor. 10, 5) ! Wer auch anfängt zu kämpfen, erlangt doch das Kleinod nicht (1.Kor. 9, 24) , wenn er nicht anhält bis zum Sieg, und sich gegen jede Versuchung auf den Ernst erneuert: es gelte ihm seine Krone. Viele machen Frieden, ehe sie siegen, und lassen sich gar bald genügen, wenn es nur ein wenig besser geht. Text: 2.Timotheus 2,6-10 Der Apostel zieht den Timotheus mit gar freundlichen Seilen der Liebe in die nähere Gemeinschaft seiner Leiden. Vermutlich hat der Apostel dem Timotheus auf eine etwas verdeckte, und mehr dessen eigenem Nachdenken überlassen gebliebene Weise zu erkennen geben wollen: Die Hilfe, der Beistand, den ich von dir erwarte, ist nicht unbillig. Du, mein Sohn (V.1), bist unter meiner Hand zu der Pflanze des HErrn gediehen; soll ich, der Ackermann, nicht vorzüglich der Frucht von dir zu genießen haben? So spricht man mit denen, deren Gutes man nicht gezwungen haben will (Philem. 14), sondern in Früchten, davon das Freiwillige das Schmackhafteste ist. Darum hat der Apostel seinen Sinn nur so geschmeidig, als in einem Samenkörnlein hingelegt, und es auf das weitere Bewahren und Bewegen desselben, oder auf das Nachdenken unter den hiezu erbetenen Erinnerungen des gute Geistes ankommen lassen. Manche gutwillige Menschen meinen, man könne ihnen Alles, was sie tun sollen haarklein sagen, dringen auch immer mit Anfragen in Andere, was sie tun und lassen sollen? Aber an sich selbst wahrnehmen, durch Gemerk auf das Wort, durchs Gebet um Verstand, den der HErr gibt, wächst man gründlicher. Mittel und Mittelspersonen brauchen, ist nicht unrecht; aber das Beten, Suchen und Nehmen vom HErrn, der gern gibt, muß man darüber nicht versäumen. Man hat ja keines dem Anderen entgegenzusetzen. Die Versäumnis des Betens um Erkenntnis der Wahrheit bekennt Daniel unter seines Volks Sünden (Dan. 9, 13) . Laßt uns aufsehen auf JEsum, daß wir nicht in unserem Mut matt werden, spricht Paulus (Hebr. 12, 2-3) ; so jetzt hier: Gedenke unter aller gegenwärtigen und künftigen Kirchennot am JEsum Christum, der auferstanden ist von den Toten. Gedenkst du daran, so kannst Du auch Andere daran erinnern. Das ist der kräftigste Zug in die Gemeinschaft der Leiden, wenn man den Hoffnungsblick so hinausführt auf die Auferstehung JEsu Christi, und unser Herrschen mit Ihm im Leben. Man mag so tief hinunterkommen, als möglich ist, so kann das aufrichten. Damit man sich desto mehr mit Christo als mit unserem Haupt vereinigen könne, setzt der Apostel hinzu: Aus dem Samen Davids. Damit ist Er in unsere Mitte getreten, und daher hat mit Ihm das ganze Menschengeschlecht vor GOtt aufgelebt. GOtt hat Alle, deren Samen sein Sohn an sich genommen hat, mit ihm lebendig gemacht und auferweckt. - Die Worte: nach meinem Evangelio, können andeuten, daß das Zeugnis der Auferstehung ein Hauptstück von der Predigt Pauli ausgemacht habe, oder auch, das Timotheus sein An = und Nachdenken mit dem Evangelio üben und unterhalten, also aus dem Evangelio immer besser lernen könnte, was für Schätze der Gnade, was für Gründe der Hoffnung in der Auferstehung Christi liegen. Da es mit dem seligen Luther einmal tief in das Gedränge kam, so war seine edle Erklärung: Jetzt legt man mich in da Grab; aber mein Ostertag wird schon kommen; das heißt: Christi Kreuz tragen, und auch im Tode nicht verzagen. O wie viele solche Todes = und Begräbnistage brauchen wir noch, bis es abgestorben heißt mir und alle dem Meinen. Es ist oft noch, wie wenn da Evangelium, ein freimütiges Zeugnis desselben, der Segen, den es schafft, ein würdiger Wandel danach, sich müßte begraben, verscharren, mit Lästerungen zudecken lassen. Aber Kraft der Auferstehung JEsu Christi von den Totenmuß es doch wider hervor. Laß dir nur Überschriften auf dein Kreuz machen, als ob du als ein Übeltäter, Unbotmäßiger, Eigensinniger, littest; sei nur nicht geschäftig, deine Unschuld an den Tag zu bringen, sondern überlasse es, wie Christus am Kreuz, demjenigen, der in der Auferstehung seine Ehre gesucht und gefunden hat. Sorge nicht: Inzwischen wird viel Gutes unterdrückt und verhindert. O nein! Das Leiden darüber hat seine eigene Kraft, das verderben ist freilich groß in allen Ständen, die Heuchelei greulich, der Ruhm vom Christentum bei allen, noch so tief in der Welt und ihrem Sinn steckenden, Herzen abscheulich, da könnte einem Zeugen der Wahrheit oft der sorgsame Gedanke ankommen: ja wirst du es denn heben können? Wäre es nicht besser, du schicktest dich auch vollends in deine Zeit und Leute! Aber nein! fiele Christus, falle ich lieber mit, und hoffe mit Ihm wieder aufzustehen, als daß ich mich zu ihren Feinden und ihrem Sinn schlagen möchte. Um der elenden Schafe willen hütete ich auch der Schlachtschafe sagt der Erzhirte (Sach. 11, 7) , und so muß noch jeder Unterhirte um der Auserwählten willen auch alle oft sonst vergeblich scheinende Arbeit übernehmen. Der vierte Teil, der in die Frucht geht, belohnt die Arbeit, so an den ganzen Acker gewendet wird. Auch in den Banden, auch unter den Leiden zeugt man manche Kinder (Philem 10) . O GOtt laß mich nicht leer ausgehen! O fiel ein reifes Körnlein aus zur letzten Erntezeit, wie freut ich mich in Deinem Haus der unverhofften Beut! Text: 2.Timotheus 2,11-15 Der Apostel zeigt, wie das, wozu er allernächst den Timotheus aufgefordert habe, auch anderem Gläubigen verordnete Lauf sei, zu welchem Timotheus desto gesegneter würde anführen können, je richtiger und mutiger er selbst darin laufe und kämpfe. Der Heiland sagt Matth 19, 29 , um meines Namens willen, Mark. 10, 29 , um meiner und des Evangeliums willen, und Luk. 15, 29 um des Reichs GOttes willen, Alles verlassen, und so kann man auch hier von diesem Sterben und Dulden sagen: Was einem jeden von Christo und seiner Sache allermeist zu erlernen, zu glauben, zu zeugen anvertraut ist, das muß ihm so lieb sein, daß er darüber sterben und dulden kann. Auf das Mitdulden ist eine so große Verheißung gesetzt, als auf das Mitsterben. Besonders aber soll man es Einem im Lehramt anspüren, daß er ein Zeuge der Leiden und ein Genosse der Herrlichkeit sei (1.Petr. 5, 1) , sonst können wir kein Salz und Licht der Welt abgeben, über der Kreuzesflucht wird das Salz dumm, und das Licht unter den Scheffel gesteckt. Sich der Wahrheit so weit annehmen, als man Ehre bei den Menschen davon hat, und es um Bestellung und Besoldung willen sein muß, trägt der Welt kein sonderliches Licht und Salz aus. Die Scheue vor dem Mitsterben und Mitdulden wird eine Versuchung zur Verleugnung, worunter der Herzensglaube erlöscht. So lang man aber noch im Ringen mit dem Unglauben steht, und ihm durch Verleugnen noch nicht völlig Platz gegeben hat, so bietet einem der Apostel unter solchem Straucheln noch die Treue GOttes, als eine ausgestreckte Hand an, die einem zum Aufrichten geboten ist. Wer also bis zum Verleugnen, mithin auch Verleugnetwerden verfällt, der hat es sich selbst zugezogen. GOtt hat Alles zu seiner Rettung und Bewahrung getan. GOtt kann nicht ändern, was aus seinem Munde gegangen ist: mithin auch von seinem Grundgesetz: durch Leiden zur Herrlichkeit, um keines Menschen willen abgehen. Daran muß es sich zeigen, wer aus der Wahrheit ist, oder wer einen unüberwindlichen Hang zur Eitelkeit hat, und an der Erhaltung seines Lebens auf dieser Welt klebt. - Halte im Gedächtnis, hat es oben V.8 geheißen; nun worin Einer selbst steht und lebt, das kann er auch Anderen durch Erinnern besser beibringen. Im öffentlichen Vortrag und sonstigen Umgang bleibt Manches zurück, weil es einem selbst nicht nahe im Herzen und im Munde ist; auch wenn Jeder eine eigene Sprache einzuführen, die Worte in einem anderen Sinn zu nehmen, sich berechtigt hält, wie die, so nach V. 18 sagten: die Auferstehung sei schon geschehen, richten eben Streit um Worte an, worüber das Kreuz Christi vernichtigt wird. Wie manche Frage, wie manches Wortgezänk, das man selbst auf die Kanzel zu bringen sich untersteht, würde man nicht einmal vor einem Timotheus oder Paulus, will geschweigen vor den HErrn JEsus zu bringen sich getrauen, wenn man in seiner Augen Licht zu handeln gewohnt wäre; darum sagt der Apostel: bezeuge vor dem HErrn. Vom darstellen, präsentieren, sich zeigen, spricht man heutigen Tags viel, da fehlt es an Mitteln und Vorwänden, sich in das Angedenken zu bringen nie. Aber sich GOtt erzeigen und präsentieren, dessen Diener man doch allermeist heißen will, das bleibt darüber zurück, und daran sonderlich, daß man über der hier bezeugten Gemeinschaft der Leiden sich nicht beschämt erzeige. Daran wäre doch so viel gelegen. Am Wort der Wahrheit selbst stracks bleiben (Ps. 119, 128) , dessen Gebrauch und Anwendung aber auch bei Anderen so fördern, daß Jeder dabei seine Gebühr bekenne (Luk. 12, 42) , das ist der bewährten Arbeiter GOttes ihre Hauptsache. Text: 2.Timotheus 2,16-21 Wie Timotheus sich der Ärgernisse seiner Zeit zu erwehren, und womit er sich unter der dadurch angerichteten Kirchennot zu trösten habe? Das Wort der Wahrheit (V. 15) , hat etwas Gründliches und Bescheidenes; das ungeistlich lose Geschwätz ist grundlos und macht doch viel Geschrei, gibt sich viel eitles Ansehen, das soll man antreiben, denn wenn die Menschen frech werden im Denken, Raisonnieren und Lehren, so werden sie auch frech im Gemüt und im Leben. Dergleichen Wort richtet sich nach dem im Menschen liegenden Schaden und Lüsternheit, hilft der Eitelkeit und Ruhmsucht auf, und daher findet es schnellen Beifall; aber sein Ausbreiten ist wie das schnelle Zunehmen eines krebsmäßigen tödlichen Schadens, der alle gesunden Säfte am Menschen verzehrt, so wird durch dergleichen Wort Alles in Lüste und Irrtum verderbt. - Von Hymenäus kommt schon 1.Tim. 1, 20 vor, mithin hat es dieser lange getrieben. So läßt GOtt noch manchen Widersprecher lange stehen, aber weiter nicht zum Schaden der Wahrheit GOttes. Denn gemeiniglich überleben solche eitlen Schwätzer sich selbst und ihre, durch Unglauben und Frechdenkerei erworbene, Reputation in der Welt; und müssen nach einer vieljährigen Arbeit sehen, daß sie Etwas heben wollten, das doch wie Berge GOttes gegründet ist. Das eitle Geschwätz brächte sich freilich ohne einen von der Wahrheit entlehnten fetzen nicht fort. So könnte man zu dem Vorgeben: die Auferstehung sei schon geschehen, den Ephesern vorspiegeln: Paulus hat euch ja selbst geschrieben: ihr seid mit Christo lebendig gemacht, auferweckt, in das himmlische Wesen versetzt, durch den Glauben, den GOtt wirkt; damit ist die Auferstehung geschehen. Mit diesem Vorgeben haben sie den Leib nicht nur der künftigen Hoffnung halber weggeschätzt, sondern ihn auch als das unbändige Tier angesehen, auf dessen Untergang man eben warten müsse, wodurch aber der ganze Glaube, oder die völlige Lehre von der Sünde und der Gnade, von der Kraft der Erlösung, und deren Ausführung an Seele und Leib, verkehrt wurde. Das hat freilich Not gemacht, das hat Sorge erweckt, ob es nicht dem kaum aufgegangenen Christentum auch gehen werde, wie mancher anderen Lehrform, die im Anfang Aufsehen gemacht und Beifall gefunden hat, bald aber wieder in Parteien getrennt, und so von einer anderen nachfolgenden wieder verschlungen worden ist. Darum spricht nun der Apostel gegen solche Kirchennot tröstlich zu. Grund GOttes ist Alles, was GOtt den Glauben vorhält, worauf er sich verlassen kann; GOttes Wahrheit und Wille, Vorsatz und Anstalt, Geheimnis und Eröffnung in seinem Wort, Zeugnis der Apostel und Propheten, das Alles zusammen ist fest gegründet, daß es nicht umgekehrt werden kann; auch alle Wege und Gerichte GOttes beweisen diesen festgelegten Grund. Auf einen Grund pflegte ehemals, wie noch jetzt, Etwas eingehauen, eingegraben, oder auch Gedächtnis = Münzen eingelegt zu werden. So führt der Apostel auch vom Grund GOttes eine doppelte In = und Umschrift an, auf der Einen Seite den ewigen Trost: der HErr kennt die Seinen, und weiß, wer aus der Wahrheit ist, wer seine Stimme hört, wer sein Geduldwort bewahrt; und den bewahrt auch Er, es mag Stunden der Versuchung geben, was es für will; auf der anderen Seite dieses Grundsteins, oder dieser Denkmünze steht: es trete ab von der Ungerechtigkeit, wer den Namen Christi nennt. Viel Unglaube, viel Aber - und Mißglaube hat seinen Grund in der Ungerechtigkeit, und in dem verhofften Genuß von derselben. Wer also nicht von der Ungerechtigkeit abtritt, der macht all sein Nennen des Namens Christi, sollte es auch mit weissagen, predigen und anderen ansehnlichen Taten geschehen, so zu nichte, daß ihn der HErr als einen Übeltäter, den Er nie für den Seinen erkannt, wird wegtreiben müssen (Matth. 7, 22-23) . Gold und Silber hat nicht nur größeren Wert, sondern auch mehrere Dauer, sonderlich im Feuer und dessen Probe, hölzern und irden hält weniger Probe und dauert kein Feuer aus. Solcherlei Vergleichung stellt der Apostel auch sonst an (1.Kor. 3) , wo nur von mehr oder weniger Brauchbarkeit die Rede ist, der Grund aber doch gemeinschaftlich gut sein kann. Hier aber scheidet sich es durch Unreinigkeit des Sinnes gleich von vornen, und durch Unehre, auf die es hinauslaufen wird, noch weiter von einander; wo demnach kein aus dem Wort der Wahrheit gefaßter, und die Bewährung aushaltender Glaube, keine reine Herzens = Absicht, kein gutes Gewissen, sondern irdischer Sinn und Ungerechtigkeit des Menschen ganzes Inneres eingenommen hat. Die Prüfung wird Keinem zu schwer gemacht, man kann bald merken, womit man in seiner Zeit unvermengt bleiben muß, wenn man hier geheiligt, und dort zur Herrlichkeit erhalten werden will. Der Hausherr, der lebendige GOtt, dessen Haus die Kirche ist, hat darin manche Dienste nötig, es steht oft manches gute Werk ledig, wozu sich kein bereitetes Gefäß findet. O GOtt, bringe die Dir in Christo geheiligten Gefäße durch, daß sie nicht auch von dem krebsmäßigen Schaden ihrer Zeit angefressen werden; erhalte alle Bischöfe, Pfarrer und Kirchendiener im heilsamen Wort und heiligen Leben! Text: 2.Timotheus 2,22-26 Der Apostel zeigt dem Timotheo noch näher, wie und worin er sich hauptsächlich dem Hausherrn brauchbar machen, und unter Abtreten von der Ungerechtigkeit sich des Siegels, daß ihn der HErr für den Seinen erkenne, vergewissern könne. Timotheus hatte sich schon in Vielem so bewährt erwiesen, und doch hält der Apostel die Ermahnung: Fliehe die Lüste der Jugend, nicht für überflüssig, und Timotheus deuchte sich auch nicht über dieselbe hinaus. Wir sind und gewöhnen einander heutigen Tages überzärtlich, wenn man einmal meint, man habe einem Gutes zuzutrauen Ursache, so will man nimmer gern eine Warnung hören. Aber der Geist ist willig, das Fleisch ist schwach. Bei Lüsten der Jugend hat man nicht nur an die Versuchungen zur Wollust und Unreinigkeit zu gedenken, sondern auch andere Heftigkeiten, Einbildungen, weiß nicht was, geschwind ausrichten zu können. Aber der HErr hat nicht Lust an der Stärke des Rosses, noch Gefallen an Jemands Gebeinen, der HErr hat Gefallen an denen die Ihn fürchten, und auf seine Güte warten. Den Gnadenweg muß man in Allem gehen lernen, mit Mißtrauen und Flucht gegen dem, was einem das jugendliche Herz eingeben könnte. Unter ernstlicher Abwendung von dem, was Jugend oder Angedenken und erinnern der jugendlichen Dinge einem zum Aufhalten dazwischen bringen wollte, muß man sich auf das Nachjagen legen. Man muß sich oft auch über Alte wundern, wie sie noch ihrer jugendlichen Denkungsart anhangen, wie gerne sie an ehemaligen, eigenen und fremden Jugendstreichen sich leichtsinnig erlustigen, und wie unbesonnen sie daher auch die wichtigsten Amtssachen nach dem vorigen jugendlichen Fuße behandeln! Eine von den Hauptquellen des heutigen Verderbens in allen Ständen! Solche weibische Männer sind ein großes Gericht über ein Land. Ohne Nachjagen nach dem Gegenteil entgeht man diesem leidigen Sinn nicht. Unter dem, auf was man sich mit Nachjagen legen soll, setzt der Apostel vorne an, die Gerechtigkeit: eine männliche Tugend, bei Allem, was einem vorkommt, Personen und Sachen, was zu tun und zu unterlassen, auf GOttes Willen, und was demselben gemäß, auf das Licht jenes Tages, und was es offenbaren wird, allermeist zu sehen, und nicht nach schnellen Einfällen, wie es einen ankommt, nach Vorneigung einem zu lieb, oder nach Abneigung einem zu leid, Etwas vorzunehmen. Sodann soll man nachjagen dem Glauben, der aus Hochachtung des Himmlischen das unter seine Füße tritt, was je die Welt erhebt; und dabei doch geschmeidig und gnadenmäßig mit dem umgeht, was er empfangen hat, und nicht tut, als ob er es nicht empfangen hätte. Man soll nachjagen der Liebe, wie sie sonst heißt, allgemeine Liebe, und den frieden, oder die besondere Verbindung mit denen, die den HErrn anrufen; an diese hat man sich also vorzüglich anzuschließen, an denen hat man sich unter mancher Kirchennot aufzurichten, die nimmt man beim Anrufen des HErrn als seine Mitkämpfer mit sich, und spricht ihnen zu: Wacht mit mir und betet. "Ja, das kann aber auf das leidige Unterschiedmachen hinauslaufen, darüber der eine teil sich aufbläht, und der andere vor den Kopf gestoßen wird!" Solche Einwendungen abzulehnen, setzt der Apostel hinzu: Mit reinem Herzen. GOtt wird schon solche Schlacken abzuschmelzen wissen. Die Not wird auch einen Lehrer bedächtlich handelnd machen. Mancher der sich anfänglich gestoßen hat, kommt noch zu besserem Nachdenken, und schließt sich wohl gar noch selbst an ein solches Häuflein an. Zu wachen, zu beten, zu wehren hat man freilich genug, daß Herzensreinigkeit bewahrt werde. Aber um der etwa ausbrechenden Fehler willen darf sich doch ein Fauler nicht klüger dünken, als die, deren Arbeit oft mit einem solchen Fehler verunstaltet wird. Es kann aus solche Fehlern noch mehr gutes herauskommen, als aus all dem ungöttlichen Frieden mit der Welt. - Der unnützen Fragen sich zu entschlagen hat der Apostel schon 1.Tim. 4, 7 ; 6, 4 aufgegeben, und jetzt wieder. Warum so oft Einerlei? Wie sich es treibt; wie die Versuchung dazu auch immer wieder unter neuen Vorwänden aufkommt; wer das allererst aufgegebene Nachjagen versäumt, der will sich doch auch in etwas hervortun, und darüber fällt man oft auf solche törichte und unnütze Fragen. - Die weitere Anweisung, wie ein Knecht des HErrn sein soll, geht immer eine zwischen zwei Abwegen durchführende Mittelstraße; nicht zänkisch, doch die Widerspenstigen zu strafen gestärkt, freundlich gegen Jedermann, doch lehrhaftig, und also ein Licht und Salz gegen das Gefällige in der Welt, das ganz keine Besserung bezielt; der die Bösen tragen kann; doch daß es ihm also ein Leiden und eine Last ist, die er trägt, und worunter er zwar nichts erzwingen kann und will, aber sich doch immer um eine offene Tür bewirbt, die GOtt geben, und wodurch Er möglich machen könnte, was bei Menschen unmöglich scheint; es auf ein Nüchternwerden, auf ein Erwachen im eigenen Nachdenken ankommen läßt, aber doch auch darauf umgeht, sie heilsam auf den Willen GOttes herumzulenken, und ihr Nüchternwerden aus des Teufels Stricken gleich zu einer völligen Hingabe in den guten Gotteswillen zu benützen. Was dergleichen Aufgaben zu schaffen machen, wollen wir aus einem Bekenntnis des seligen Dr. Speners abnehmen, der im dritten Teil seiner Bedenken S. 700, ferner an eine Freundin in Frankfurt schreibt: " Der HErr lasse doch Ihr und anderer gottseligen Herzen Seufzen für mich niemals vergeblich sein, sondern mache mich tüchtig in allen Stücken, zu demjenigen, was sein aufgetragener Beruf von mir erfordert." S. 701 "Das göttliche Licht, in welchem wir allein, was unseren und anderen Seelen dienlich ist, erkennen können, ist das Meiste, warum ich für mich mit ihr zu beten habe, sonderlich, wie sie recht bemerkt, die Erkenntnis, wie weit zu unserer Zeit sich unsere Geduld und Langmut erstrecken soll, und hingegen wo mit einer mehreren Widersetzung durchgebrochen werden müsse. Ach, wie ich mir den Spruch Pauli 2.Tim. 2, 24-26, für eine meiner Hauptregeln vorgestellt, daß ich doch recht diese Beiden möge zusammengatten lernen, die Bösen zu tragen mit Sanftmut, und zu strafen die Widerspenstigen; daß ich weder mit unzeitiger Sanftmut die Seelen versäume, noch mit unbesonnenem und eigensinnigem Strafen das Böse böser mache. Dieses bleibt mir wohl eines meiner vornehmsten Anliegen; nachdem ich aber ja herzlich gern sowohl meine Affekten zähme, wo die Ehre des HErrn und der Seelen Heil eine Sanftmut erfordert, als auch den Undank des harten Strafens nicht scheue, wo der Wille GOttes dieses haben will; so trage ich die kindliche Zuversicht, mein himmlische Vater werde Seinem armen Kind auch in seiner Einfalt so viel Weisheit geben als nötig ist, doch auf das Wenigste, ob ich auch zu meiner Demütigung ein = und andermal all meine Fehler gewahr werden, doch keinen Seelenschaden zu meiner gänzlichen Niederwerfung gewahr werden lassen." S. 703 "Die Weisheit, mich vor der Täuscherei falscher Freund zu hüten, bedarf ich auch so viel als einiger anderer Gabe; ob ich schon mein Herz nicht ohne Bedacht bei Jedermann ausschütte; doch wo mich dünkt, etwas Gutes bei einem anderen Menschen zu sehen, geht mir doch das Herz leicht zu weit auf, und aus Furcht, einen Solchen nicht mit einem unbegründeten Verdacht zu belegen, laß ich mich oft weiter, als nutz ist, heraus, und sage, was bei einem aufrichtigen Kind GOttes zu seinem Bericht und Aufmunterung würde nützlich gewesen sein, aber bei einem falschen Herzen zu eigenem Schaden und auch meinem Nachteil mißbraucht werden kann. Daher das Gebet auch in solcher Sache für mich höchst nötig ist, damit ich auch hierin die GOtt wohlgefällige Mittelstraße treffe, Niemanden in der Welt, ohne einige Ausnahme, mich so darzustellen, wie GOtt allein in mich sehen muß; anderen gottseligen Herzen aber, in dem, wo ich schwach und stark bin, mich also zu offenbaren, wie es zu eines Jeden Erbauung, Warnung, Trost, Aufmunterung und Hoffnung, dadurch gebessert zu werden, dienlich ist; vor Weltherzen aber mich wiederum recht vorzusehen, damit sie nichts an mir gewahr werden möchten, woran sie sich entweder selbst ärgerten, oder auch Anderen damit schaden könnten; hingegen auch vor denselben nichts zu verbergen, was zu ihrem geistlichen Besten dienen möchte." Den 8 September 1686.
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